Stolpersteine Gangelt FamilienGeschichtenKontakt

Familie Leo und Berni Hertz

Hanxlerstraße 6

Auf dem Grundstück Bahnhofstraße 193a, heute Hanxlerstraße 6, stand früher das für Gangelter Verhältnisse recht große Anwesen der Familie Hertz. Errichtet wurde es etwa zwischen 1912 und 1915.

Ein großer Ziegelsteinbau diente der aus mehreren Personen bestehenden Familie Hertz zu Wohnzwecken. Ein angegliedertes Stallgebäude diente dem recht umfangreichen Viehhandel. Dieser Handel beschränkte sich bei der Familie Hertz nicht nur auf den lokalen Bereich. Das Tätigkeitsfeld erstreckte sich vielmehr auch auf die damals noch getrennten Kreise Geilenkirchen und Heinsberg.

Die Großfamilie Hertz lebte, wie alle deutschen jüdischen Mitbürger in der damaligen Zeit friedlich eingebunden innerhalb der hiesigen überschaubaren Dorfgemeinschaft.

Gerade für die Familie Hertz änderte sich das jedoch schon recht früh und zwar in den Jahren 1936 und 1937. Dazu hat, neben dem Hass einiger Nazi-Anhänger auf die hier wohnenden Juden, sicherlich auch der Neid einiger auf die als vermögend geltende Familie Hertz beigetragen. Die Familie Hertz erkannte jedoch schon recht früh die drohenden Gefahren und zog ihre Konsequenz daraus. Dies auch im Hinblick auf die ihr aufgrund ihrer finanziellen Lage gegebenen Möglichkeiten.

Das beachtliche Anwesen wurde 1937 an einen hiesigen Bauunternehmer verkauft.

Die amerikanische Armee sprengte, zusammen mit zwei benachbarten Objekten, das ehemalige Anwesen der Familie Hertz im Februar 1945. Zu Beginn der 1950er Jahre erfolgte der Wiederaufbau in geänderter Form.


Aus der Ehe von Hermann und Pauline Hertz geb. Levi. gingen vier Kinder hervor. Die Söhne Leo, Julius und Max sowie die Tochter Hedwig.

Der Sohn Julius verstarb bereits im Jahre seiner Geburt. Sohn Max fiel 1916 als Soldat im 1. Weltkrieg im Alter von nur 21 Jahren. Seinen Namen finden wir auf dem Kriegerdenkmal auf dem hiesigen Friedhof.

Nach der Veräußerung ihres Anwesens übersiedelte die Familie Hertz im Jahre 1937 zu Verwandten nach Schinnen-Puth in die Niederlande. Im Februar 1940 verstarb Pauline hier, im Alter von 80 Jahren.

Schon bald nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in die Niederlande, am 10. Mai 1940, gerieten die emigrierten jüdischen Bürger dort in Bedrängnis. Im Mai 1943 wurde Hermann verhaftet und im Konzentrationslager Vught inhaftiert.

Ironie des Schicksals: Im November 1944 wurden die Einwohner Gangelts durch die englischen Besatzer evakuiert – und zwar ebenfalls nach Vught. Während die Gangelter Bevölkerung jedoch schon im Mai 1945 heimkehren konnte, wurde Hermann im Mai 1943 vom Lager Vught aus in das Sammellager Westerbork überstellt. Hermann wurde in Sobibor am 14. Mai 1943 ermordet; er war zu diesem Zeitpunkt 84 Jahre alt.

Bereits einen Monat vor der Inhaftierung ihres Vaters Hermann wurde im April 1943 seine Tochter Hedwig Hertz gefangen genommen und in das Konzentrationslager Vught eingeliefert. Fünf Monate später, im September 1943, wurde sie über Westerbork in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Dort wurde sie am 24. Sept. 1943 im Alter von 47 Jahren ermordet.

Der älteste Sohn der Eheleute Hermann und Pauline Hertz war Leo. Leo war verheiratet mit Berni Hertz geb. Altgenug. Aus dieser Ehe gingen die Kinder Dieter und Margarete hervor. Auch diese vier Personen übersiedelten mit ihren Eltern bzw. Großeltern 1937 nach Schinnen-Puth. Leo wurde nach seiner Gefangennahme im Zwischenlager Westerbork inhaftiert. Von dort aus erfolgte zum Monatsanfang Oktober 1942 seine Einlieferung in das Konzentrationslager Mauthausen. Hier wurde er bereits am 8. Oktober 1942 ermordet. Leo Hertz war bei seiner Ermordung 52 Jahre alt.

Seine Ehefrau Berni Herz geb. Altgenug sowie deren Kinder Dieter und Margarete überlebten den Holocaust. Ihnen gelang die Flucht nach Montevideo in Uruguay. Ein letztes Lebenszeichen von Tochter Margarete stammt aus dem Januar 1954. Danach verliert sich die Spur der Überlebenden: Von Mutter Berni sowie von den Kindern Dieter und Margot Hertz.